stellt, habe ich nackt, aber Shampoo im Auge, dumm gefragt: Wer? und Kai hat gelächelt. Undeutlich unter der heißen Dusche, aber ich habe sein Lächeln zwischen dem Wasser gesehn. Als ich ihn, mit dem Geschmack von Seife im Mund und auf den nassen Lippen, gefragt habe, wo du jetzt seist, hat er, nun ohne zu lächeln, geantwortet: In Paris.

Was, habe ich, während er auf mich zukam, gefragt, wird ihm vorgeworfen? Landfriedensbruch - die graugrüne Iris - sicherlich, hat Kai geflüstert, während er mir ins Ohrläppchen biß: Widerstand.

Und möglicherweise, hat Kai gezischelt, versuchter Totschlag an einem Bullen, das >B< hat er besonders betont und mir mit schon unsichren Fingern zwischen die Beine gefaßt. Es war einen Augenblick still in der Dusche, nur die feinen, harten Tropfen haben gegen die Kacheln mit den Blumen gepickt. Zwischen dem Dunst, den beschlagenen Scheiben, der Hitze, ein Handtuch aus hellem Zellophan, standen wir eingeseift da wie ein Denkmal, er mit den Fingern in meinem Bauch, du mit den Bullen in Frankreich.

Schließlich hat Kai gefragt, was wird werden, falls Jochen Haftverschonung bekommt? Ich habe mich, weil ich atmen mußte, abwenden wolln, um ein Fenster zu öffnen, Kai hat mich mit einer Hand hochgehoben, die andere steckte, zwei Finger, in mir wie ein nasses Stück Holz. Nur das Geräusch der Dusche und wir in einem Zelt.

Ich habe gesagt, du würdest, sobald es ginge, hier wohnen, sie haben die Anklage fallengelassen, haben gemeint, daß alles bloß eine Verwechslung, ein Irrtum, vorschnell gewesen sei.

Kai hat mich, die Seife war eingetrocknet, hatte die Haut ihm mit Rändern bemalt, fast zärtlich noch von sich weggeschoben, die Finger, die er schon vergessen hatte, warn fühllos aus mir herausgefallen und hingen am Arm von der Schulter wie ein nutzlos gewordener Ärmel nach nächtlicher Amputation.

* *

»Entweder du bist ein Teil des Problems, oder du bist ein Teil der Lösung, dazwischen gibt es nichts. «

Nachdem die behelmten Beamten des Greiftrupps unten an der Bautür aus Eisen auf die letzten, die ins Haus geflüchtet sind, eingeschlagen, aber das Haus nicht betreten haben, weil einige der Besetzer alles, was auf dem Balkon und im Zimmer stand, über die Brüstung und aus den Fenstern hinunter auf die Wannen und auf die weißen Helme geworfen haben, hocken jetzt die, die entkommen sind, dicht beieinander im zugigen Zimmer, sehen sich an, der Teppich zeigt Fäden, lauschen und hoffen auf ein Zeichen, sie warten darauf, daß draußen, in der Fußgängerzone, etwas geschieht.

Es geschieht nichts. Problem, sagt Kai, oder Lösung.

Nein, sagt Jochen und sieht Kai unbehaglich an, so eben geht es nicht. Kai denkt an Bobby im TV - so einfach oder so schwer. Er starrt in die verhängten Fenster, grüßt müde, sieht die Bilder des endlosen langen Tags. Jochen sagt leise: Nein. Das Quietschen nasser Kreide, die an der Wandtafel zerbricht. Und Kollektivität, denkt Kai, kann nur im Kampf entstehen und existiert nur dort. Und draußen, in der Fußgängerzone, patrouillieren die Wannen der wartenden Polizei. Und gegenüber, in den Rabatten, liegt das zusammengeschlagene Mädchen, neben ihr kauert der Junge und wartet, immer noch ohne zu wissen, worauf. Und drinnen, auf der geblümten Tapete, deren Kanten sich stellenweise von den feuchten Wänden lösen, steht, gold und an den Rändern grün, schräg durch den Raum der Sprühspruch:

WIR REDEN NICHT MIT DEN SCHWEINEN, SONDERN WIR SCHIESSEN AUF SIE.

Nein, sagt Jochen. Es klingt kläglich. Weshalb nicht, fragt Manuela und schielt schief an Jochen vorbei. Weil ihr Schiß habt, denkt Kai erschrocken, und sieht sich im Spiegel der Scheiben, die Haare und Augen sind stumpf. Unheimlich, denkt Kai, und fummelt mit angeschwollenen Fingerspitzen die porösen, braunen Steinchen aus einer trockenen Hydrokultur. Euch geht, denkt Kai mürbe, die Muffe. Die Stille im Raum, eine Nadel, die über ein Zinkblech zieht.

Kai schnieft. Böse wie ein Blech mit Grat. Der Junge in den

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