Scheibe, Bobby mit weinerlichem Blick und zuckerglatten Zügen im Zimmer eines Motels mit allen Fingern fuchtelt, tritt der dritte Bulle dem Jungen in die Nieren, um den gebeugten Körper, der das Gesicht der Freundin vor weitren Schlägen schützen soll, von ihr weg und zur Seite zu treten - Junge, mach schon!« - im Hof bei einer Wippe pißt jetzt ein Mann mit Hund.

Kais Wange wird schon wund vom Putz und von verbißnen Zähnen, die Nacht auf Kais Gesicht ist mild, riecht noch nach Stall und Kühen, duftet, im Hof, nach warmer Milch - Idyll, denkt Kai, es ekelt ihn, der Mann neben der Wippe befingert seine Hose und streichelt seinen Hund.

Mit angezognen Beinen liegt das Mädchen auf dem Rasen, liegt noch halb unter dem Jungen, umfaßt mit beiden Händen und mit verschränkten Fingern, weil jetzt der vierte Bulle, der dicker ist, am Jungen zerrt, den Nacken ihres Freundes, Kai bemerkt: Niemand schreit, und Bobby lächelt.

Tonlose Bilder im TV, Bobby mit einer blonden Frau, und nur die Knüppel klatschen, Geräusch wie nasse Wäsche gegen den Fußboden aus Stein, jetzt auf die Stirn des Mädchens, da es die beiden Hände nicht mehr vorn vors Gesicht hält, sondern verkrampfte Finger den Nacken ihres Freundes umklammern, bis der Junge weich auf die Seite rollt.

Während Bobby langsam mit der blonden Frau aufs Bett fällt, tanzen undeutliche Bilder hinter Doppelfensterglas. Kaldaunenschläger, denkt Kai, der Mann neben der Wippe redet mit seinem Hund.

Bevor die Bullen beginnen, auf die voneinander Getrennten ohne Eile einzuschlagen, ehe das Gesicht von Bobby sich in einer Großaufnahme, als die blonde Frau ihn anschaut, sorgenvoll verzerrt, erkennt Kai: Konserve. Horcht Kai auf das klamme Klatschen, schließt er schmerzhaft schnell die Augen, sieht er hinter dunklen Lidern lautlos aufgerissene Münder, das Gesicht der Liegenden, mit noch immer, trotz der Schläge, ungläubigem Ausdruck. Der Mann auf dem Hof ist verschwunden. Der Hund raschelt noch im Gebüsch.

Manuela läuft. Spürt ringsum die Menschen, die Leute, die flüchten, sieht Jochen vor sich, im Gitter, am Parkdeck, und denkt an den Treffpunkt: die andere Gruppe, deren besetztes Haus, noch knapp hundert Meter entfernt.

Mit der wir, denkt sie, hört eiliges Atmen, gestern noch, denkt sie, hört hastige Schritte, zusammengesessen haben, spürt eine Hand im Rücken, darüber nachgedacht haben, meint jemanden zu riechen, der, nah ihr, nach ihr greift. Denkt: darüber nachgedacht haben.

Denkt: unvermittelt fallen lassen, denkt: was zu tun sei, wenn wir, denkt: abrollen, aufspringen, zutreten oder, denkt: geräumt, von den Bullen angegriffen, denkt: liegenbleiben, Arme überm Kopf Denkt: von den Bullen angegriffen werden, während wir noch im Haus sind, nicht davor.

Denkt: oder weiterlaufen. Hört Kai sagen: Verteidigung, sieht Jochen zweifelnd schlucken. Denkt: oder stehenbleiben. Fühlt eine Hand am Oberarm, sieht neben sich ein Mädchen. Das leise sagt: Beeil dich. Sicht unvermittelt vor sich - Jochen am Gitter hängen - ihn eine Hand ausstrecken - sie auf das Parkdeck ziehn - ihn lächeln.

Sieht unter sich die Bullen, fragt ihn, wo Kai geblieben sei, sie habe noch gewunken, sieht wieder nur sein Grienen, sein Zucken mit der Schulter, denkt: Solidarität.

Sieht unter sich die Bullen - auf an die Wand Gedrückte - geräuschlos, scheint es, einschlagen und sieht in Jochens Iris ihr Spiegelbild, denkt: mager, hört, als er sie fest an sich drückt, ihn sagen, sie sei gerade, im Augenblick, sehr schön. Sehr schön. Und dann erst kommen die Geräusche schlagartig, werden Gegenwart, zu ihr, zu ihm, zu denen - die sich nun auf dem Parkdeck, als müßten sie sich schämen, weil sie gerade entkommen sind, verstohlen in die Augen sehn - zurück.

Sehr schön. Und hört, als er sie anschaut, in ihrem Kopf ein Flüstern, rings um sie her ein Rauschen, Schläge und manchmal Schreie, erinnert Manuela sich an Jochens überstürzte Flucht: vor Monaten, im Sommer, eilige Angst, ein Irrtum, dennoch ein Haftbefehl.

Als Kai - so war das, Jochen! - gesagt hat, du hättest dich ge-

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